DIE DRITTE KAMMER - DIE UNSICHTBARE FACKEL (Technische Einführung)


Zieht man die explosionsartige Entwicklung der digitalen Bildtechniken in Betracht, so liegt es nahe, sich als Maler dieser unerschöpflich wirkenden Neuerungen zur Bilderzeugung zu bedienen. Jeder, der mit digitaler Bilderzeugung und-verarbeitung in Kontakt kommt, muß den Schluß ziehen, daß sich dadurch nicht nur die Malerei, sondern die Bildherstellung allgemein so verändern wird wie durch die Entdeckung der Photografie im 19. Jahrhundert. Wenn man kein Darwinist ist und den Rechner zunächst ganz unideologisch als neues Werkzeug begreift, so tun sich für die Bildfindung einfach eine Menge neuer Möglichkeiten auf. Um die Fülle dieser Möglichkeiten erläutern zu können, ist es dienlich, zwischen 2D und 3D zu unterscheiden. Die 2D-Gestaltung liegt der Malerei zunächst näher, da sie ebenfalls auf der Fläche angesiedelt ist. Auch auf der 2D-Ebene muß man unterscheiden zwischen Bilderzeugung und Bildbearbeitung. Die pixelorientierte Bildbearbeitung mit einem Programm wie Photoshop oder Painter ermöglicht präzise Eingriffe in Bildvorlagen. Das Manipulieren von Ausgangsmaterial durch Tools oder Filter erzeugt Bildvorstellungen, die so vorher nicht erzeugt werden konnten und nun als Malereivorlage tauglich werden. Gemessen an dieser ziemlich konventionellen Bearbeitung der Bildfläche auf der Ebene des 2D, ermöglicht die 3D-Gestaltung eine Art Quantensprung in der Darstellung. Auf der 3D-Ebene können jetzt Szenarien erfunden werden, deren perspektivische Glaubwürdigkeit überzeugt, aber der klassischen Zentralperspektive werden unendlich viele neue Perspektiven und Blickwinkel hinzugefügt, was das Starre dieser Darstellungsmethode völlig aufhebt. In einem 3D-Programm ist es möglich, einen mathematisch erzeugten Gegenstand wie eine Skulptur zu formen und mit einer virtuellen Kamera zu umfahren oder zu überfliegen. Im Unterschied zu einem 2D-Programm, in dem nur eine Ansicht darstellbar und bearbeitbar ist, sind die Gegenstände in einem 3D-Programm wie in einem Bühnenraum gestaffelt angeordnet. Zunächst werden Gitterformen erzeugt, die in einem zweiten Schritt mit Texturen überzogen werden und so dem Gegenstand seine illusionistische Materialität geben. Der Vorteil des 3D-Modelling ist, daß nicht nur das Modell erzeugt werden kann, sondern auch die es umgebende Landschaft, der Himmel in allen Stimmungen und Beleuchtungssituationen, sprich eine präzis bestimmte Atmosphäre, in die jedes Szenario eingebettet werden kann. Mit der Kamera im virtuellen Raum kann man dann den besten Standpunkt suchen, um das Konstrukt von dort aus optimal zu texturieren und zu rendern. Es werden also Welten generiert und kombiniert, die so vorher nicht gedacht werden konnten.