DIE DRITTE KAMMER - RAUSCHEN (Storyboard)


Claude Spiegel

Der im 18. Jahrhundert Künstlern zur Betrachtung "pittoresker" Szenerien dienende Claude-Spiegel, war nach Claude Lorrain benannt. Stimmte die Spiegelung auf der tragbaren, mit auswechselbarer Farbfolie hinterlegten Scheibe mit dem Ideal der stimmungsvollen, harmonisch komponierten Claud'schen Landschaftsdarstellung überein, hielt man diesen Ausschnitt für "pittoresk" genug, um ihn bildnerisch umzusetzen.
So wirken auch die Glasscheiben des Aquariums als ein Modellfall des "Pittoresken", weil sie einen Rahmen vorgeben, innerhalb dessen der Unterwassergarten seine Bildhaftigkeit inszenieren kann.


Der Tod

"Et in arcadia ego" ist nicht nur ein wehmütiger Nachruf auf eine Idylle, die man genossen und wieder verloren hat, sondern bedeutet auch:"Sogar in Arkadien bin ich, der Tod, gegenwärtig". Das memeto mori also ist unauflöslich mit dem "Pittoresken" verbunden. Eine ausgeprägte Todessymbolik - wie beispielsweise die Ruine, der Schädel oder das Baumgerippe - findet sich in vielen pittoresken Darstellungen, um auf die Vergänglichkeit der Schönheit und die Gegensätze des Lebens zu verweisen.
In der Aquaristik haben diese Todessymbole merkwürdigerweise zahlreich überlebt und werden intensiv als Dekorationselemente in den Wasserbecken eingesetzt.


Fische

Schwimmende Fische in einem Glasbecken verlangsamen den Blick. Im Bild des Unterwassergartens steuert nicht der Wasserwiderstand den Blick des Betrachters, sondern ausschließlich die Malerei. Die Augen des Betrachters schwimmen durch das Bild, ohne sich an Fischen festhalten zu können, und werden so zur bloßen Anschauung von malerischen Wirkungen verführt.


Das gläserne Ornament

Der grüne Star ist eine Sehstörung, die formal variationsreich das Blickfeld einengt, was zum Verlust des Randsehens führt. Durch einen erhöhten Druck des Kammerwassers im Auge werden die Netzhaut und der Sehnerv geschädigt.
Im Gläsernen Ornament, einem Ordner der Dritten Kammer, versammeln sich Darstellungen, die durch eben so eine Einengung des Blickfeldes den Fokus auf einen wesentlichen Ausschnitt eines Bildinhaltes richten. Die Andeutung eines Glaskörpers wölbt sich zur Projektionsfläche für eine Auswahl an maskierten Farbdias, die unsere Wanderungen durch diverse "Gartenreiche" belegen. Sie dokumentieren, wo uns heute das Pittoreske mit seinen so veränderten Gesichtern begegnet.


Optische Täuschung

Das Aquarium ähnelt in seinen Gestaltungsmöglichkeiten einem Diorama oder einem Bühnenbild. Aber auch die Parallelen zum Aufbau eines Gemäldes oder eines Gartenszenarios in der Komposition von Vorder, -Mittel-und Hintergrund sind frappant.
Die optische Täuschung eines gestaffelten Tiefenraumes läßt sich im Aquarium mit einem Dioramakasten aus natürlichen Materialien, einer Phototapete, aber auch mit monochromer - oder Illusionsmalerei hinter dem Becken erzeugen. Kleinplastiken wie Totenköpfe, Ruinen und Schiffsrümpfe ergänzen den Eindruck vom Bildaufbau eines pittoresken Landschaftgemäldes. So haben sich Elemente hochkarätiger Landschaftsmalerei und Arkadienträumerei der Vergangenheit in diese heutige Alltags-Naturdarstellung gerettet, ohne die Deformation ihres ursprünglichen Wertes verhehlen zu können.


Das erfundene Abbild

Unser Ausgangspunkt ist das Bild als Teil der Wirklichkeit, nicht ihr Abbild. Die Suche nach einer Variation zum Thema der ein und einzigen Realtität der Bilder, die nichts weiter sind und darstellen als sich selbst, erscheint als willkürliche Begrenzung, die andere relevante Optionen verhindert. Der Ausweg liegt im erfundenen Abbild, das über die gedankliche Schleife eines selbstgestelltes Auftrags wieder zu sich zurückfindet, da sein Gebauchtwerden nur fiktiv gesichert ist.


Der Pittoreske Blick

Der pittoreske Blick ist das übergeordnete Prinzip. Unter ihm vermehrt sich Schönheit.

Die Kunst nähert sich unaufhörlich dem Leben an, ohne es je ganz zu erreichen.

Das Ich erträgt nur die freiwillige Entfremdumg.

Subversive Gesellschaftskritik zu betreiben, stößt im Garten auf Grenzen. Die Gartenkunst auf zynische Kommentare zu verkürzen, steht im Widerspruch zu ihren wahren Möglichkeiten.