DIE DRITTE KAMMER - DER AECHTE BLUMIST


Hand in Hand mit den humanistischen Werten des festumrissenen Subjekts, das nach Freiheit aus gesellschaftlichen Zwängen drängt, geht der Gedanke der Autonomie des Tafelbildes, das sich aus der Notwendigkeit des Eingebettetseins in den Kanon aller Künste herausgearbeitet hat. Betrachtet man die gesellschaftliche Entwicklung weg von der Bündelung von Informationen, die von einem Punkt aus an viele abgegeben werden, hin zu ihrer Vernetzung, die einen gleichberechtigten Austausch von Informationen garantiert, so steht man zwangsläufig vor der Auflösung dieser festumrissenen Werte. Dieser Auflösungsprozess macht demnach auch vor den Autonomie-Kategorien des Tafelbildes nicht Halt. Er fordert von der Malerei Neuentscheidungen, die dem gesellschaftlichen Prozess der Gleichsetzung des Individuums mit einem Knotenpunkt in einem Netzwerk und nicht mehr mit dem autarken Subjekt in einer strenggegliederten Hierarchie gerecht werden.

Da die Malerei es nicht leicht hat, sich aus dem Ruch des Kulturkonservativen zu befreien und dem Vorwurf, aufgrund ihrer Statik und Handwerklichkeit nicht gesellschaftsverändernd wirksam zu sein, kaum entgegenwirken kann, muß sie neue Impulse aus den anderen eher konzeptuellen oder kontextuellen Gattungen aufnehmen. Wir sehen einen Ausweg darin, die Kontextlosigkeit des autonomes Tafelbildes mit Hilfe eines metaphorisch wirksamen Inhalts wie dem Garten aus ihrem Gattungskäfig und dem Gefängnis der Autonomie zu befreien.

Durch den Verweis auf den Garten in unseren Projekten als einen Ort gesellschaftlicher und ästhetischer Relevanz wird eine Dynamik erzeugt, die der Statik des Bildes positiv entgegenwirkt. Dennoch sind die Bilder seduktiv, ein kontemplatives Moment macht sich sichtbar. Auch wenn die malerische Oberflächenbehandlung zum Teil rechnerbezogen ist, werden idealistische Refugien dargestellt. Dynamische Projekte erfordern das Erzählen und Schreiben von Geschichten. Die Statik des Bildes eignet sich für fixe Projektionen, bei denen die Erzählungen bildimmanent bleiben. Wir verbinden diese Elemente zu mehreren Handlungsebenen und bewegen uns dadurch vom Text zum Bild, zum Garten und ebenso wieder zurück. Wir wandern also von Ort zu Ort: ob nicht existent, ob begrifflich vorstellbar, ob als Bild sichtbar oder real vorhanden - all diese möglichen Zustände der Orte bereichern "Die Dritte Kammer".

Uns gilt es, der Malerei aus dem Garten heraus einen Erneuerungsimpuls zu geben. Jenseits von Abstraktionen, jenseits von Autonomiegesten kann das Medium Malerei einer Aufgabe folgen. Die Suche nach dieser Aufgabe erscheint uns derzeit als Herausforderung. Die Lösung liegt im selbstgestellten Auftrag zum Entwurf fiktiver Gärten. Die gedankliche Schleife einer vermeintlichen Angewandtheit des Bildes als Garten-oder Recherche-Entwurf verhilft den bildimmanenten Geschichten zu mehr Brisanz als es eine rein formalistische Wahl der Mittel vermag. Die Malerei bietet Darstellungs-Möglichkeiten, die auf der Planungsebene der Architekten nicht existieren, weil sie Realitätsschnitte veranschaulichen kann, wo immer es notwendig erscheint. In dieser besonderen Qualität der Malerei sehen wir Teile ihrer Zukunft.