DIE DRITTE KAMMER - DAS BEGEHBARE BILD
(Portale an der Gartenstraße)


Erhellung
Das gläserne Ornament
Plattform des Architekten
Der Überblick

Wie ein Flügel liegt die Aussichtsanlage in dem spitzwinkligen Ausläufer des Gartengeländes, das in eine Eisenbahnbrücke mündet. Eine steile Stahl-Treppe steigt man empor, um zur Terrasse zu gelangen, von der aus der Blick über das Gartengelände in seiner gesamten Länge schweifen kann - bis hin zur anderen Seite, wo sich der Aussichtsturm erhebt, der an das Gelände hinter dem Nordbahnhof grenzt, aber auch bis zum Fernsehturm auf dem Alexanderplatz und der vergoldeten Kuppel der Synagoge im Scheunenviertel. Schutz findet man hinter einer riesigen Windschutzscheibe, die sich quer über die gesamte dem Garten zugewandte Seite der Aussichtsanlage wölbt. Sie gibt den Blick wie durch die verglaste Front der Kommandobrücke eines schwebenden Raumgleiters ungehindert frei. Hinter der direkten Aussichtsplattform ist ein kleiner Bosco angelegt, dessen formal strenge Details eine geometrisierende Wirkung haben, aber dennoch inhaltlich "Der Dritten Kammer" verpflichtet sind. Dieser Bosco bildet den Vorhof zu einem Glashaus, das sich zweistöckig in gleicher Höhe wie der Aussichtsturm auf der anderen Seite des Gartengeländes erhebt. Das Glashaus hat die Funktion einer Orangerie und beherbergt in der kalten Jahreszeit die Pflanzen des Bosco. Es ist aber auch ein Ausstellungsort für die Entwicklungsgeschichte des Geländes an der Gartenstraße. Im oberen Geschoß befindet sich eine "Kiosque", von dem aus man den erholsamsten Blick auf den Garten hat.


Versenkung
Plankton
Plattform des Künstlers
Der Durchblick

Sanft steigt der Weg zu einer Bodenwelle an. Ein Mosaik bestimmt sein Aussehen und leitet formal zum Thema der Aussichtsituation über. Ebenso sanft wieder abgesenkt ermöglicht die Mosaik-Terrasse sowohl Einblicke durch eine Panzerglasscheibe in das umliegende Gewässer, als auch Ausblicke über die Wasseroberfläche hinweg in das von Menschen unbesuchte Gartengelände und seine landschaftlichen Stimmungen. Zwischen den Glasscheiben erheben sich steile und runde Hügel, die geschickt bepflanzt den Eindruck von Amöboiden wiedergeben. Der erhöhte Wasserspiegel, der den Blick in die Welt unter der Wasseroberfläche zieht, hat etwas Bedrohliches. Das Wasser scheint sich hier wie hinter einem gläsernen Staudamm zu drängen und das Bild dieser gestauten Energie wirkt verunsichernd, da der gesamte Garten durch diese Höhenverschiebung auf den Betrachter Druck auszuüben scheint. Das Senken der Blickposition des Betrachters beschreibt die entgegengesetzte Bewegung zur üblichen Betrachtungsweise eines Gartens von einem ebenerdigen oder erhöhten Standpunkt aus. So wie der Meeresspiegel als Höhenmaß für den gesamten Planeten gilt, so bildet hier der Wasserspiegel den Blick-Maßstab für den Betrachter des Gartens.


Kanalisierung
Oublietten
Plattform des Gärtners
Der Einblick

Vorbei an dichtem, präzise geschnittenem Buschwerk führt der Weg durch einen Topiary-Garten, dessen Formensprache wiederum von den Codes "Der Dritten Kammer" bestimmt ist. Durch ein amorph geschnittenes Topiary-Tor gelangt man in einen fast zum Gewölbe geschlossenen Gang aus feuchtem bemoostem Tuffgestein, der in verschiedene Blick-Buchten mündet. Nur ein schmaler Spalt bleibt über dem Kopf des Betrachters geöffnet, der Himmelslicht in das von Nischen durchzogene Gewölbe eindringen läßt. Gelangt man in eine der Blick-Buchten, so öffnet sich die Mauer hin zum Gartenglände und nur ebenerdig eingelassene Glasscheiben trennen den Betrachter vom direkt auf Augenhöhe beginnenden Landschaftsgarten. Der Kontrast zwischen dem Dämmerlicht in den Gängen und den lichtdurchfluteteten Buchten gibt dem Betrachter einen um so intensiveren Eindruck von der Edenhaftigkeit der Landschaft. Nicht geklärt ist bei dieser Betrachtungsarchitektur, wer nun Betrachter und wer Betrachteter sei. Die Frage nach Innen und Aussen, nach erkennen und erkannt werden stellt sich angesichts der Vertauschung des Betrachterstandpunktes von einem geschlossenen, unbetretbaren Ort, der aber Unendlichkeit sugeriert, und einem beengten, zugänglichen Ort, der jedoch wie ein "Affenhaus" funktioniert.


Aufladung
Die unsichtbare Fackel
Plattform des Kurators
Der mannigfaltige Blick

Wie ein monumentales Mondgestein ragt der in Beton gegossene und von in Mulden und Kratern gepflanztem Grün überzogene Durchgang zum rund geschwungenen Aussichtsturm. Auch sein höchster Punkt verbindet sich optisch mit dem zweiten Obergeschoß des Glashauses an der Spitze des Gartengeländes in Richtung Berlin-Wedding. Hinter dem Nordbahnhof öffnet sich eine der Aussichtsplattformen, die mannigfaltige Einblicke in das Gartengelände entlang der Gartenstraße ermöglicht. Mäandernd schlängelt sich der Weg in das Innere des Plattform-Geländes. Zu beiden Seiten des feinen Kiesweges erhebt sich eine terrassenförmig angelegte mit vielfältigen Grünpflanzen überwucherte Mauerkonstruktion, die zur Aussenseite hin ebenfalls terrassenförmig abfällt. An den jeweiligen Endpunkten der Wege eröffnen wieder Glasfronten Einblicke in das Gartengeschehen. Aus dem Turm fällt der Blick aus Sehschlitzen im Soutterrain, ebenerdig und von verschieden hoch angesetzten Plaffformen aus in den Garten. An jeder Öffnung finden sich andere inhaltlich beziehungsreich eingesetzte Gartenszenarios, die nur Pflanzung, aber auch Architektur sein können. Jeder Blickwinkel eröffnet eine andere Perspektive des Gartens, der nur mit den Augen und dem Geist aufgesucht werden kann. Die Wandflächen im Inneren des Turmes, die nicht zur Öffnung hin zum Garten bestimmt sind, werden vom jeweiligen Kurator zur Vorstellung seiner Konzepte genutzt.