DIE DRITTE KAMMER - TRANSFORMER (Storyboard-1)


Das Projekt

Ein "Transformer" ist ein beliebtes Kinderspielzeug, das seinem Bauplan nach die unterschiedlichsten Gestalten annehmen kann. Ein Raumschiff, ein Vogel, ein Weltraum-Ritter, ein Gefährt - je nach Drehung der Einzelteile erscheint eine andere Figur. Wir haben das Projekt, das wir auf dem "Falster Versuchsgelände" bearbeiten möchten, "Die Dritte Kammer - Transformer" genannt, weil es zwei Bereiche "Der Dritten Kammer" fusioniert, die ihre wichtigsten Pole bilden. "Das begehbare Bild" steht für den Bereich der Arbeiten auf realem Gartenboden. "Überwindung der Kenntnis" steht für den Bereich der utopischen Erfindungen, deren Realitätsgehalt von den Vorgriffen auf die Zukunft stark gedehnt wird.

Der See inmitten des "Falster Versuchsgeländes" soll unser imaginärer Mittler sein. Seine spiegelnde Fläche ist der Ort der Reflexion, der die beiden sich gegenüberliegenden Uferseiten verbindet. Auf der einen Seite steht das "Farmhaus" - wie die Bewohner es nennen - , auf der anderen Seite liegt ein Fichtenwäldchen. Diese beiden Punkte reizen uns als Projektionsflächen für eigene, dem Ideen-Kanon "Der Dritten Kammer" verhaftete Bild-Vorstellungen. Wir tauchen die ganze Szenerie in die Zukunft und errichten an der selben Stelle, wo jetzt das Farmhaus steht, ein Gebäude, das von zukünftigen Menschen gebaut sein könnte und das wir das "Haus der Idealen Gärtner" nennen. Auf der gegenüberliegenden Uferseite wollen wir eine Bank aufstellen, die stilistisch und inhaltlich mit dem zukünftigen Haus in Beziehung steht.

Die gesamte Szenerie wird auf einem Gemälde dargestellt. Das in die Zukunft projizierte Haus ist am Rechner entwickelt und dann als Tafelbild gemalt. Das Bild hat die Maße des Platzes, der über dem Schreibtisch im Wohnzimmer des real existierenden Farmhauses zu finden ist. Am Ende sollte es genau dort hängen, weil das der Punkt ist, von dem aus man auf einer imaginären Geraden zu der Bank am anderen Seeufer hinüberblicken kann.

Dort liegt direkt vor dem dunklen Fichtenwäldchen ein Ufer-Wiesenstreifen, der breit genug ist, um darauf eine Sitzbank aufzustellen. Diese Bank soll im Unterschied zum Haus aus der bloßen Imagination bzw. deren Darstellung in die Wirklichkeit entlassen werden. Zunächst wird die Bank als Modell gebaut und soll dann vielleicht aus Beton gegossen und möglicherweise bepflanzt werden.

Auf ihr können später die Bewohner oder andere Besucher des "Falster Versuchsgeländes" sitzen und sich das Haus anschauen, in dem das Bild hängt, das das "Haus der idealen Gärtner" beherbergt. So können sie einenteils in der Realität bleiben und sich andernteils in das virtuelle Haus im Inneren des realen Hauses hineinversetzen, um sich eine eigene, egal wie weit entfernte Zukunft auszumalen. Vom Haus aus wiederum sehen sie über den See hinweg die Bank stehen, die in ihrer Formgebung auf das über dem Schreibtisch hängende Bild verweist.

Die Formensprache beider Gebilde soll sich im Laufe des Falster-Prozesses langsam konkretisieren und erst endgültig Gestalt annehmen, wenn das Bild seinen Platz über dem Schreibtisch finden wird und die Bank wirklich am See aufgestellt werden kann.

Der ideale Gärtner

Eingebunden in die Projekte "Der Dritten Kammer" sind Gärtner, die wir als virtuelle Figuren anlegen und denen wir unter anderem die Bezeichnung "Der aechte Blumist" gegeben haben. "Der aechte Blumist" ist in vier virtuelle Figuren gespalten, die die entsprechenden Zuständigkeiten in den Gartenprojekten zum Ausdruck bringen. Die vier Figuren sind ein Architekt, ein Künstler, ein Gärtner und ein Kurator. Phantombildhaft haben wir die verschiedenen Gesichter aus Einzelteilen zusammenmontiert. Jedes Gesicht besteht also aus ganz unterschiedlichen physiognomischen Eigenschaften, die den jeweiligen gärtnerischen Funktionen zugeordnet sind. Alle Figuren sind androgyn gedacht und changieren zwischen den Geschlechtern.

Zu jeder thematischen Sequenz entwickeln wir eine andere Gärtnerfigur, die die"Schirmherrschaft" über den jeweiligen Inhalt einer Installation übernimmt. Jede Figur paßt sich optisch, funktional und charakterlich in die gerade entwickelte Wunschwelt ein. Alle Gärtner sind jeweils aus einer der vier Grundfiguren herausgearbeitet. Die Entscheidung, welcher Gärtner die "Schirmherrschaft" für ein Thema übernimmt, fällt mit der Analyse seiner Aufgabe, seiner optischen Gesamtwirkung und seiner Einbindbarkeit in das Geschehen.

Für die Sequenz "Die Dritte Kammer - Transformer" haben wir uns für die vierte Gärtnerfigur entschieden, den Kurator, der hier zum "Idealen Gärtner" wird. Im Gesamt-System "Der Dritten Kammer" erfüllt er die Aufgabe des Vermittlers der Gartenprojekte nach aussen und des Koordinators der drei anderen Figuren nach innen. Wir ordnen ihm die Rolle des Kurators zu, da jedes Gartengeschehen einem großen Ausstellungsprojekt gleicht. Er ist der einzig effektive Rhetoriker, dessen Gabe, verbal zu überzeugen, an erster Stelle steht. Seine Rednergabe kann sogar manchmal ins Manipulative, Demagogische abrutschen, wenn er den Kontakt zum Publikum oder zu seinen Gärtner-Kollegen zu verlieren droht. Er ist neben dem Architekten die exzentrischte Figur und gibt so durch sein persönliches Charisma unserem System nach aussen eine recht markante Kontur.

Der "Ideale Gärtner" ist diesmal zu einer janusköpfigen Erscheinung mutiert, dessen doppelter Aufgabenbereich so zum Ausdruck kommt: Einmal ist es die Koordination unserer Ideen auf dem "Falster Versuchsgelände", ein anderes Mal deren Vermittlung auf der Ausstellungsebene. Janus ist der Gott der offenen Türen, der Durchgänge und den ihm geweihten Tempel ließen die Römer in Kriegszeiten offen stehen, um sich so seines Schutzes und des Sieges zu versichern. Aber seine Doppelköpfigkeit hat natürlich im Laufe der Geschichte viele Assoziationen hervorgerufen, so nicht zuletzt die Fähigkeit zum 360- Grad-Panorama-Blick, seine durch Umsichtigkeit garantierte Unverwundbarkeit, sein souveräner Blick, aber auch seine offenkundige Doppelzüngigkeit und die damit einhergehende Zerrissenheit im Angesicht der Wahrheit.

Das doppelköpfige Wesen des "Idealen Gärtners" ist im Zusammenhang mit der Thematik des Transformierens Statthalter für die gleichzeitige Wahrnehmung von vorne und hinten, von einerseits - andererseits. Er wird so zum Synonym für den See, der auf dem Falster Versuchsgelände auch beide Uferseiten - also das Ufer des imaginierten Hauses und das Ufer der real gebauten Bank miteinander verbindet, aber auch voneinander trennt. Seine Fähigkeit, "beide Seiten der Medaille" wahrzunehmen, erweitert die Perspektiven und verändert den Blick in eine mehrdimensionale Richtung.